Geschichte der ev.ref. Kirchengemeinde Leer

Erste Kirche

Um das Jahr 780 missionierte Liudger die Friesen und errichtete dort, wo heute noch der alte reformierte Friedhof Westerende ist, die erste hölzerne Kirche in der Region. Nach weiteren Holzbauten, die wiederholt den Wikingern zum Opfer fielen, entstand hier um das Jahr 1200 die erste Kirche aus Stein. Es handelte sich um eine gotische Backsteinkirche. Östlich wurde ein Kirchturm errichtet, der im Flecken Leer auch als Waage genutzt wurde. Die zweischiffige Unterkirche der ersten Steinkirche in Leer ist als Krypta auf dem Friedhof Westerende als ältester Sakralbau Ostfrieslands bis heute erhalten.

Reformation

Im Jahr 1524 berief der damalige Häuptling Hajo Unken III. den evangelischen Theologen Lübbert Canz (Cantzius) aus Münster in die Stelle des Propstes an der Kirche St Liudger nach Leer. Deshalb kann die reformierte Gemeinde in Leer im Jahr 2024 auf 500 Jahre Reformation in reformierter Prägung zurückblicken.

Cantzius verbannte sämtliche Altäre und die Bilder aus der alten Liudgeri-Kirche und führte das reformierte Bekenntnis und eine reformierte Liturgie, Gemeindeordnung und Unterweisung ein. Leer wurde protestantisch bereits sieben Jahre nach dem Thesenanschlag Luthers in Wittenberg, wobei die reformierte Konfession vorherrschend wurde. Zunächst gab es ein Nebeneinander der lutherischen und der reformierten Christen. Beide Konfessionen nutzten die Liudgerikirche. Mehr und mehr setzte sich in Leer, wie auch in Emden, der reformierte Zweig des Protestantismus durch. Die reformierte Gemeinde verfügte über gesicherte Einnahmen aus dem Waagerecht. Der Rat der reformierten Gemeinde übernahm die Rechte des früheren Probstes, bestimmte somit die Politik im Flecken Leer und kümmerte sich um die grundlegende Daseinsvorsorge. Dazu gehörten die Armenfürsorge (Bau eines Armen- und eines Waisenhauses), eine Volksschule und eine Lateinschule, deren Rektor Ubbo Emmius von 1588 bis 1594 war, der später die Universität in Groningen gründete.

Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden zur Zeit der spanischen Herrschaft verhalfen Leer zu Wohlstand und stärkten die reformierte Gemeinde.

Lange hüteten die Reformierten ihre Vorrechte, beispielsweise wenn sie den lutherischen Christen im Jahr 1675 zwar nicht den Bau einer Kirche, wohl aber den Bau eines eigenen Turms verwehrten.

Neubau der Großen Kirche

Diese Zwistigkeiten gehören aber spätestens mit dem Neubau der Großen Kirche der Vergangenheit an. Der alte gotische Backsteinbau am Westerende war so baufällig geworden, dass im Jahr 1777 während des Gottesdienstes ein kräftiger Sturm das Dach zum Einsturz brachte. Die Gemeinde verließ fluchtartig die Kirche. Die Kirche blieb zwar notdürftig im Gebrauch, an eine Reparatur und nachhaltige Sanierung war nicht zu denken, weil die Kirche offenbar nicht ausreichend gegründet war. So entstand der Plan, weiter östlich und damit näher am Hafen und dem Ortszentrum eine neue Kirche zu bauen, die zudem den Anforderungen einer reformierten Gemeinde besser entsprach. Um die Finanzierung sicher zu stellen, waren Sammlungen in den umliegenden Orten, auch in den heutigen Niederlanden erforderlich. Auch die lutherischen Christen in Leer beteiligten sich an den Baukosten. Bis schließlich 1787 die neue, die Große Kirche, in Benutzung genommen wurde, nicht geweiht wurde, denn Reformierte weihen ihre Kirchen nicht.

Die alte Kirche wurde auf Abriss verkauft. Erhalten blieb die Unterkirche, weil sie nach der Reformation am Westerende zur Grablege geworden war und somit nicht einfach abgerissen werden konnte. Diese Unterkirche, die Krypta ist bis heute erhalten und ist sicher eines der ältesten Bauwerke in Ostfriesland.

Die Orgel, das Taufbecken und die Kanzel der Liudgerikirche fanden Verwendung in der neuen Großen Kirche.

Mit der Verleihung der Stadtrechte für den Flecken Leer im Jahr 1823 übernahm die Kommune die wesentlichen Aufgaben der Daseinsvorsorge, und der Einfluss der reformierten Gemeinde schwand.

Inzwischen sind in Leer viele Religionen und Konfessionen beheimatet. Die reformierte Gemeinde stellt nicht mehr die Mehrheit der Gläubigen in der Stadt. Von den rund 36.000 Einwohnern gehören noch etwa 3.000 zum reformierten Bekenntnis.